Interview mit Sonja Krummenacher, Zero Waste Zentralschweiz

"Mir war es schon immer wichtig, einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten."


Schon seit klein auf sind für Sonja Krummenacher Umweltthemen und Nachhaltigkeit Herzensangelegenheiten. Anfang 2020 hat sie Zero Waste Zentralschweiz gegründet. Mit Zero-Waste-Vorträgen, Workshops, Beratungen von Privatpersonen oder Institutionen und Kursen möchte Sonja dazu beitragen, einen nachhaltigen und lebenswerten Ort für uns und die kommenden Generationen zu schaffen.

 

Auf Ihrem Blog gibt es viele Tipps und DIY rund um diese Themen. Seit Sommer wirkt sie zudem im Vorstand von Verein Natur & Umwelt Ob- und Nidwalden (Naturiamo) mit und ist Alumni-Mitglied des Vereins Venalu. Sie lebt mit ihrer Familie mitten in der Zentralschweiz.

 


Sonja Krummenacher von Zerowaste Zentralschweiz bei der Arbeit

Was ist Zero Waste und wie bist Du dazu gekommen?

 

Zero Waste ist ein wichtiger Aspekt im Umweltschutz. Die Klimakrise, mit der vor allem die kommenden Generationen konfrontiert sein werden, braucht mehrere Ansätze: Auf politischer Ebene und Ernährungsfragen beispielsweise. Zero Waste ist einer davon, der sich vor allem auf die Konsum- und Plastikproblematik fokussiert. Es geht nicht nur darum, unnötigen Müll zu vermeiden und nach Alternativen zu suchen, sondern auch darum, sich mit dem eigenen Konsum kritische auseinanderzusetzen.

 

Als ich das erste Mal von Zero Waste gelesen habe, hat mich das Konzept erstmal abgeschreckt. Dann hat es mich überfordert: Sollte ich wirklich jeglichen Müll vermeiden, meinen Konsum komplett einschränken und mein Leben umkrempeln? Doch mit der Zeit habe ich gelernt, dass Zero Waste nicht radikal oder missionarisch unterwegs ist, sondern eine wunderbare Möglichkeit darstellt, einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten und das Ergebnis direkt zu sehen. Zero Waste hat mir viel mehr Türen geöffnet, als sich welche geschlossen haben.

 

Es gab nicht den einen Moment, indem ich Zero Waste kennen gelernt habe und es "klick" gemacht hat, es war ein Prozess und ich lerne jeden Tag etwas Neues dazu.

 

 

Vorbereitungen für einem Zero Waste Zentralschweiz Workshop

Welchen Nutzen habe ich von Zero Waste? Was bringt es mir?

 

Tatsächlich geht der Nutzen von Zero Waste weit über den Umweltaspekt hinaus. Zum einen können die Umstellungen hin zur Plastik- und Müllvermeidung gesundheitliche Vorteile bringen. Verpackungen, gerade bei sehr fetthaltigen oder verarbeiteten Lebensmitteln, stehen in Verdacht, gesundheitlich negative Auswirkungen haben zu können. Gerade wenn sie erhitzt werden wie das beispielsweise bei vielen Fertiggerichten der Fall ist. 

 

Zum anderen spart man auf lange Sicht auch Geld, denn Konsumentscheidungen werden oft viel bewusster gefällt und durch den Gebrauch von Mehrwegprodukten muss man nicht ständig neue Einwegprodukte nachkaufen. 

 

Mein Leben hat "Zero Waste" vor allem im Sozialen bereichert. Es sind viele neue Kontakte entstanden. Wenn man versucht, den eigenen Konsum zu reduzieren, dann teilt und tauscht man automatisch mehr. Dadurch entsteht ein engerer und schöner Austausch mit anderen Menschen, denen man sonst vielleicht nie begegnet wäre. Manchmal bin ich mir unsicher, welche Alternativen es beispielsweise zu Plastik gibt und dann frage ich oft meine Oma um Rat, wie das früher gehandhabt wurde. "Zero Waste" verbindet so Menschen auch über mehrere Generationen hinweg miteinander.

 

 

Zero Waste Zentralschweiz Workshop Welche Alternativen gibt es zu Plastik

Hast Du Tipps für Anfänger*innen?

 

Ganz wichtig zu Beginn: Nichts überstürzen! Im Internet oder in der Bibliothek gibt es zahlreiche Blogs, Bücher und Artikel, die man sich kostenlos durchlesen kann. Um mit "Zero Waste" zu starten, muss man sich auch nicht teure Trendprodukte anschaffen. Meistens hat man alles, was man braucht, bereits zuhause.

 

Es macht Sinn, sich zu überlegen, wo eine Umstellung für einen selbst am leichtesten funktionieren würde. Zum Beispiel die Flüssigseife im Bad durch eine Feste zu ersetzen. Nach und nach kann man sich dann steigern. Dabei sollte man seine eigenen Bedürfnisse und Lebensumstände immer im Blick behalten und diese berücksichtigen. 

 

  

Sonja Krummenacher von Zerowaste Zentralschweiz bei der Arbeit

Es gibt ja unglaublich viel Müll. Ist es überhaupt möglich auf "zero" zu kommen?

 

Laut des WWFs gelangen pro Minute etwa 15'000 kg Plastikmüll in die Meere (Quelle). Diese Menge ist gigantisch! Das komplett auf Null zu bringen, ist momentan kaum möglich. Gerade weil Müll, wie so viele Umweltthemen, strukturell entstanden sind und auf politischer Ebene behandelt werden müssen.

 

Dennoch kann jede Person etwas im alltäglichen Handeln dazu beitragen. Dabei geht es gar nicht darum, seinen eigenen Müll tatsächlich vollkommen zu vermeiden und auf Null zu bringen. Das "Zero" in "Zero Waste" dient vor allem als Orientierung, die einem dabei unterstützen kann, seinen eigenen Konsum und sein eigenes Handeln immer wieder zu reflektieren.

 

 

Sonja Krummenacher von Zero Waste Zentralschweiz

Was war bisher Deine grösste Herausforderung mit Zero Waste Zentralschweiz und wie hast Du sie gemeistert?

 

Puh (lacht). Tatsächlich habe ich nicht damit gerechnet, dass das Interesse an dem, was ich mache, direkt so gross ist und so gut ankommt. Am liebsten würde ich viel mehr Zeit in Zero Waste Zentralschweiz investieren.

 

Da ich nebenbei aber noch meinen Master abschliesse und zwei Kinder habe (4 und 7 Jahre alt) ist es nicht ganz so einfach, allem gerecht zu werden und unter einen Hut zu bekommen.

 

Mal gelingt mir das, manchmal aber auch nicht.


"Ich hätte gerne mit Simone de Beauvoir diskutiert."


Welche Interview-Frage wolltest Du schon immer gestellt bekommen und beantworten?

 

Welche historischen Persönlichkeiten würdest Du gerne zum Essen einladen, wenn Du könntest?

 

Da ich Philosophie studiere, würde ich sehr gerne spannende Persönlichkeiten aus diesem Bereich kennenlernen und mit ihnen diskutieren. Sicher wäre das meine Lieblingsphilosophin Simone de Beauvoir, Immanuel Kant, Christine de Pizzen und Peter Singer. Obwohl John Rawls sicher auch viel Spannendes zu unserer Zeit zu sagen hätte. Wahrscheinlich würde der Tisch auf jeden Fall sehr voll werden.

 

Ich kann mir gut vorstellen, das Improvisieren auch eine Rolle im Zero Waste Lifestyle spielen könnte. Wenn ja, wo und wie improvisiert Du?

 

Das Improvisieren ist gerade deswegen so bereichernd, weil genau dann oft die kreativsten und besten Einfälle entstehen.

 

Ich kann mich gut daran erinnern, dass eine Freundin meiner Tochter Geburtstag hatte und wir merkten, dass wir gar kein Geschenkpapier mehr besitzen. Wir haben dann die Zeitung aus dem Altpapier geholt und eine ganz tolle Verpackung daraus gebastelt, die die Kinder malerisch verziert haben. Das hat uns so begeistert, dass wir das seitdem immer so handhaben.

 

Das Improvisieren hat mich auch gelernt, dass ich nicht alles brauche, was ich glaube. Einmal habe ich meine Einkaufsbeutel für das Gemüse und Obst zuhause vergessen. Ich habe dann die Paprika, Zucchetti und die Äpfel einfach so in meinen Korb gelegt und gemerkt, eigentlich geht es auch so wunderbar.

 

 

Sonja Krummenacher von Zerowaste Zentralschweiz mit den Umwelt-Held*innen

Was erwartet mich bei einem Workshop bei Dir?

 

In meinen Workshops geht es darum, das Konzept von Zero Waste Zentralschweiz vorzustellen und zu vermitteln, warum Zero Waste beim Umweltschutz wichtig ist und warum in der Schweiz Müll ebenfalls ein grosses Problem darstellt.

 

Neben der Theorie ist es mir ein wichtiges Anliegen, praktische Tipps und Tricks für den Einstieg zu vermitteln, auf Fragen einzugehen und den Teilnehmenden auf Augenhöhe zu begegnen. Das heisst auch, dass ein erhobener Finger hier fehl am Platz ist. Der Workshop gibt die Werkzeuge für einen nachhaltigen Alltag mit, die individuell auf die eigene Lebenssituation angepasst werden können.

 

Bei den Kindern sind die Schwerpunkte ähnlich. Mir ist es wichtig, dass sie wissen, was Müll ist, warum er problematisch sein kann und welche Alternativen es gibt. Die Umweltheld*innen-Workshops finden im Wald statt: Wir sammeln gemeinsam Müll und lernen vor Ort gemeinsam und spielerisch naturnah was Müll mit unserer Natur macht.

 

 

Worüber kannst Du herzlich lachen?

 

Ich liebe Comedy und Satire. Das letzte Mal herzhaft gelacht habe ich beim Tropical-Programm von Hazel Bruder auf Netflix. Ein grosser Fan bin ich auch von Carolin Kebekus und schaue mir sehr gerne die Carolin-Kebekus-Show auf YouTube oder in der Mediathek an. 

 

 

Welche private und/oder berufliche Vision hast Du?

 

Mir ist es schon immer wichtig gewesen, beruflich etwas Sinnvolles zu machen und damit einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Mit anderen Menschen zusammen zu arbeiten, sie in ihrem Alltag zu unterstützen und dies mit dem Umweltschutz zu verbinden ist eine Herzensangelegenheit von mir. 

 

Ich arbeite daran, dass ich mit der Fertigstellung meines Studiums selbständig mit "Zero Waste Zentralschweiz" arbeiten und davon leben kann. Ich könnte mir auch vorstellen, parallel bei weiteren Projekten mitzuwirken und/oder bei einer NGO tätig zu sein.

 

 

Herzlichen Dank, liebe Sonja, für das inspirierende Interview und Deinen Einsatz für die Umwelt. Für Dich und Deine Familie weiterhin viel Freude, Erfolg und Gesundheit beruflich wie privat. 

 

Für das Interview: Manuela Ming

 

PS: Die Workshops von Sonja kann ich sehr empfehlen!

 



Mehr von Sonja Krummancher, Zero Waste Zentralschweiz:

 


 


Alle Bilder wurden uns freundlicherweise von Sonja Krummenacher für das Interview zur Verfügung gestellt. Sie unterstehen dem gültigen Urheberrecht!

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Manu von Allerlei Impro (Mittwoch, 18 August 2021 19:59)

    Inspiriert durch den Workshop bei Sonja bin ich folgende Schritte (weiter) gegangen:

    - Wäsche waschen mit dem Ecco Egg und „Waschpapier“ von washo

    - Wattepads durch Baumwoll-Pads ersetzt

    - Rasierhobel mit Rasierklingel statt das bekannte „Plastikding“ mit den teuren Klingen

    - Reinigungsmittel aus der Unverpacktabteilung vom Quai4, Luzern (ab 1.9.21 soll das auch in der Drogerie Sachseln möglich sein)

    Weitere Schritte folgen! :-)

    Wie vermeidest Du Abfälle? Teile gerne Deine Tipps!

    #jederSchrittzählt!