Interview mit Kim (Bashkim) Beqiri, Bildhauer

"Die zwei wichtigsten Eigenschaften um ein Bildhauer zu werden, sind Interesse und Talent."


Schon als Kim Beqiri sehr klein war, liebte er es, zu zeichnen und zu modellieren. Sein Vater (Lehrer) hätte sich den Arztberuf für ihn gewünscht. Kim zog die Kunst vor und absolvierte die Kunstschule. Viele Jahre arbeitete er in Deutschland und im Wallis als Bildhauer.

 

2003 eröffnete er seine eigene Bildhauerei - die Kim Bildhauerei. Kim ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt in Winterthur - nur acht Geh-Minuten von seinem Atelier entfernt.

 


Wenn man mit Dir spricht, merkt man sofort, Du bist mit Leib und Seele Bildhauer. Was bedeutet für Dich die Bildhauerei und der Umgang mit Steinen? Und wieso Stein?

 

Die Bildhauerei ist, abgesehen von meiner Familie, mein Leben. Seit ich klein bin, träume ich davon Bildhauer zu sein. Es ist definitiv meine grösste Leidenschaft und ich merke jedes Mal aufs Neue wie beruhigend der Beruf auf mich wirkt. Ich bin nicht nur Bildhauer während meines Arbeitsalltages sondern auch in meiner Freizeit und sogar in meinen Träumen: Alles dreht sich um die Bildhauerei.

 

Ich arbeite grösstenteils mit Stein und das hat gute Gründe: Er hält praktisch ewig und ist sehr gut zu bearbeiten. Ausserdem hat sich Stein schon seit Jahrhunderten als hochwertiges Material durch gesetzt. Dass mein Kindheitsidol, Michelangelo, auch mit Stein gearbeitet hat, spielte vielleicht auch eine Rolle, wieso ich mich für dieses Material entschieden habe.

 

 

Ihr seid ein Familienbetrieb. Deine Frau und Deine beiden Söhne arbeiten mit. Du bist der künstlerische Kopf. Was entsteht alles in Eurem Familienbetrieb?

 

In erster Linie entstehen Kunstwerke. Egal ob das jetzt Skulpturen oder Grabsteine sind, wir behandeln jeden Auftrag als sei es ein persönliches Kunstwerk. Diese Arbeit der Arbeit ist zwar aufwendiger, aber das Endresultat kann sich sehen lassen.

 

Ansonsten entstehen auch langjährige und enge Freundschaften. Wir kennen viele unserer Kunden persönlich, mit einigen haben wir auch schon anderweitig zusammen gearbeitet. Dasselbe gilt für aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, die auch schon ein Teil vom Familienbetrieb geworden sind. 

 

 

Beeindruckend finde ich Deine realistischen Darstellungen von Menschen, Tieren, Landschaften usw. Wie entsteht ein solches Kunstwerk von A bis Z?

 

Oh, das kommt jetzt darauf an, wie tief ich ins Detail gehe... (lacht). Grob gesagt läuft es so: Wir haben eine Skizze, die der Kunde so bestätigt hat, im Massstab 1 : 10. Sobald darin etwas Anatomisches (Menschen, Tiere) vorkommt, arbeiten wir auch viel mit Bildern.

 

  

Wir suchen also Bilder von einer Tierart in einer bestimmten Stellung oder wir erhalten die Fotos von einem Menschen von unseren Kund*innen. Danach vergrössern wir die kleine Skizze zu einer 1 : 1 Skizze. Das Wichtigste hierbei ist, dass die anatomischen Teile und die Konturen des Reliefs 100 % korrekt sind (zum Beispiel die Konturen einer Bergkette).

 

Jetzt wir diese Skizze auf den Grabstein übertragen, der vorher zu seiner groben Form gehauen wurde. Die Skizze ist also auf dem Grabstein. Der Grabstein hat schon seine Grundform und um den Grabstein werden Bilder von den anatomischen Teilen aufgestellt.

 

Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit. Meist fangen wir damit an, die Konturen nachzufräsen. Sobald diese stehen, beginnt die Arbeit am Relief selbst. Dafür braucht es einfach Talent, Erfahrung und viel harte Arbeit.

 

Wenn das Relief fertig bearbeitet ist, patinieren wir es meist noch um die Details hervorzuheben. Schon ist so eine realistische Darstellung fertig. 

 

 

Eure Spezialität sind individuelle Grabdenkmale. Da wirst Du ja tagtäglich mit der Endlichkeit und dem Verlust von geliebten Menschen und Trauernden konfrontiert. Hat sich Dein Leben dadurch verändert? Und wenn ja, wie?

 

Tatsächlich ist es so, dass wir uns alle oft mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert sehen. Ich glaube schon, dass es mein Leben relativ stark beeinflusst hat.

 

Es erinnert mich immer wieder daran die kleinen Sorgen und negativen Gedanken zu vergessen, das Leben in vollen Zügen zu geniessen, aber auch loslassen zu können, wenn es so weit ist. Je mehr einem die Endlichkeit des Lebens bewusst ist, desto besser kann man die wesentlichen von den unwesentlichen Dingen im Leben unterscheiden.

 

 

Gibt es Werke, die Dir besonders viel bedeuten?

 

"Lebenslinie": Diese Arbeit ist sehr mit meinen Gefühlen und Gedanken verbunden. Für mich bedeutet es, dass alle Menschen gleich sind, egal zu welcher Gruppierung sie gehören, wir gehen alle grundsätzlich den gleichen Weg und nehmen das gleiche Ende. Somit verbindet es mich mit der ganzen Menschheit und mit einem inneren Frieden.

Welche Interview-Frage wolltest Du schon immer gestellt bekommen und beantworten?

 

Wie wichtig ist eine schulische Ausbildung um Bildhauer*in zu werden?

 

Mir ist aufgefallen, dass viele Menschen für den Beruf Bildhauer*in eine Ausbildung oder Universität voraussetzen. Dabei ist die schulische Ausbildung kein Faktor im Können eines Bildhauers. Die zwei wichtigsten Punkte sind Interesse und Talent. Das eine unterstützt das andere. Mit diesen zwei Eigenschaften kann man sich selbst mehr als genug beibringen, auch ohne schulische Ausbildung.

 

 

Was war bisher Deine grösste berufliche Herausforderung?

 

Meine grösste berufliche Herausforderung war eine meiner ersten grossen Skulpturen, als ich noch in Brig gearbeitet und gelebt habe. Es war ein Brunnen mit einer Taube als Zeichen für Frieden und Hoffnung. Die Arbeit an sich barg viele Herausforderungen, die Zeiten damals waren turbulent. Heute blicke ich mit viel Nostalgie auf diese Zeit zurück.


"^Kunst bedeutet für mich Leben."


Welche private oder berufliche Vision hast Du?

 

Die Vision, meinen Beruf auszuleben und sogar noch mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen, hat sich wohl schon erfüllt und dafür bin ich sehr dankbar

 

Eine andere Vision, ich beruflich sowie privat habe ist wohl, dass ich irgendwann meine eigene kleine Ecke habe, wo ich Skulpturen, Gemälde, Modelle usw. ganz nach meiner Art kreieren kann. Selbstverständlich mach ich sehr gerne Kunstwerke für unsere Kundschaft, aber manchmal tut es gut, einfach etwas für sich zu tun.

 

 

Hoch-Relief, Tief-Relief oder vollplastisch (Skulpturen)? Welche Technik ist Dir am liebsten?

 

Am meisten mag ich es, vollplastisch zu arbeiten, weil es die meiste kreative Freiheit zulässt.

 

Angenommen Du würdest ein halbes Jahr bezahlten Urlaub bekommen, um eigene Bildhauer-Projekte umzusetzen. Was würde entstehen?

 

In dieser Zeit würde ich wohl an einigen lang gehegten Projekten arbeiten, für die ich bis jetzt keine Zeit gefunden habe. Allerdings muss ich sagen, dass ein halbes Jahr wohl nicht genügen würde! (lacht)

 

 

Was bedeutet für Dich persönlich Kunst?

 

Kunst bedeutet für mich zu leben.

 

 

Herzlichen Dank, lieber Kim, für das sympathische Interview. Für Dich und Deine Familie weiterhin viel Freude, Erfolg und Gesundheit beruflich wie privat. 

 

Für das Interview: Manuela Ming

 




Alle Bilder wurden uns freundlicherweise von Kim (Bashkim) Beqiri für das Interview zur Verfügung gestellt. Sie unterstehen dem gültigen Urheberrecht!

 


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